Konstruieren mit Luft _ Dissertation W. Naumer _ 1999

“Konstruieren mit Luft,
Entwicklungen der pneumatischen Architektur”
Airstructures
Evolution of Pneumatic

Architecture
wolfgang.naumer@architekt-naumer.de

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Diese Arbeit widme ich meiner Frau, ohne deren Hilfe, Verständnis und Toleranz diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Innsbruck 24. Juli 1999

Abstact der Dissertation von Dipl.Ing. Dr.techn. Wolgang Naumer Freier Architekt AKBW BDB
This study wants to make allowances for the development of “young construction”, which still has an incomprehensible meaning for the future but which has led to a variety of ideas, being realised in architecture from the beginning of this millennium to today.
Although they follow certain rules, there is an astonishing variety of pneumatic forms and shapes. Studies in living and not living nature made by Frei Otto are an impressive proof just as his model studies are.
The shapes of pneumatic structures are familiar to us. But we often don’ t realise that most of them are hydro- pneus, that means they are membranes with fluid inside. 
Nevertheless it is not the aim of this study to talk about the possibilities in theory, but whatever is possible to realise under different aspects of architecture, whatever is constructable and more important what already has been realised. To this purpose the study will be limited to buildings which do have architectural and spatial qualities – the “pneumatic architecture”.
The duration of use is not an important point for the significance of these structures. Ephemeral, temporary structures belong to the “pneumatic architecture” like structures which are either transportable or permanent. 
The object of this study is to describe tendencies, to demonstrate the effect of new shapes to a great variety of building, to show influences, to give a documentation of the variations and to find a basis to bring unused potential to the light. To give a statement as to a tendency in the development, seems to be impossible if you look at 50 years of experience in membrane constructing. However progress in technical development has surely been made. For example: the development of new materials and analysis or the introduction of the computer. More interesting, however, is the development seen as a biological evolution, which although has no directional development, should be discussed.1
1 Steven Jay Gould, Illusion Fortschritt, Fischer Verlag
The first chapter gives an introduction into the basics of membrane building. It describes the properties of membrane structures in general and the airstructures in particular. By using examples for each type, a short overview will be given as to the introduced system of the structural shapes. An outline about the membrane
materials completes the basics.
The second chapter is about the approach to airstructures. The developed systematic of airstructures is based on the dimensions and the marginal conditions and the forming elements of the construction system.
This is essentially one of the low-pressure-systems, which can be divided into 3-dimensional (air- supported) and
2- dimensional (air-inflated) or for building purposes less important a 1-dimensional high-pressure- system (tube constructions).
The third chapter shows the evolution of the architecture with airstructures and discusses its properties. based on form criteria’s given before developments and tendencies are stated. On this occasion there should independent but similar developments or ideas being brought together to disclose new tendencies. The chronological outline (1917- 1998) gives a great number of projects including pictures and the fundamental basic information. In addition to that it describes in full length the milestones of the development by giving detailed written facts and illustrations.

In unserer Kultur konzentrieren wir uns in der Regel beim Nachdenken über Entwicklungen auf Besonderheiten,
die gezielt aus einer Gesamtheit ausgewählt werden, weil wir diese uncharakteristischen Beispiele als wichtig empfinden. Eigentlich sollten wir aber immer das ganze Spektrum, die Varianz und seine im Laufe der Zeit wandelnden Gesetzmäßigkeiten betrachten.2
2 Steven Jay Gould, “Wie man Trends erkennt und deutet” in Illusion Fortschritt, S. 23ff, 1996
Die Formen der pneumatischen Gebilde sind uns allen vertraut. Oftmals sind wir uns dessen gar nicht bewusst, da sie meist Hydro-Pneus, d.h. flüssigkeitsgefüllte Häute sind.
In dieser Arbeit, die sich mit den pneumatischen bauten befasst, soll nicht gezeigt werden, was theoretisch möglich ist, sondern was unter den verschiedensten Aspekten in der Architektur realisierbar, baubar ist und, was von viel wesentlicherer Bedeutung ist, realisiert wurde -”Pneumatische Architektur”.
50 Jahre sind in der Baugeschichte eigentlich noch kein langer Zeitraum. An vielen großartigen Bauten ist über solch einen Zeitraum hinaus gebaut worden. So fällt es schwer, über eine Evolution zu schreiben, die prozeßhaft und nicht festgelegt ist. Es kann fast nur gelingen, über unterschiedliche Trends zu berichten, die noch keine Bewegung in eine bestimmte Richtung darstellen müssen. Entwicklungen im technischen Sinne wurden allerdings vorangetrieben. Der technische Entwicklungsbegriff ist ja eine Zielorientierte Bewegung in eine bestimmte Richtung, verbunden mit der Hoffnung auf Fortschritt. Der Fortschritt wird jedoch nur im nachhinein als solcher zu bewerten sein. Trotzdem soll mit dieser Übersicht auf Trends hingewiesen werden, die verschiedene Ursachen haben, aber das Feld der Entwicklungen abstecken und aktuelle Grenzwerte beschreiben.
Für die Bedeutung der Bauten ist die Nutzungsdauer nicht wichtig. Zur “Pneumatischen Architektur” zählen daher ephemere, temporäre Bauten genauso wie transportable und permanente Bauten.
Alle anderen Bereiche der Pneus, reine Ingenieurbauwerke (Dämme, Flüssigkeitsbehälter,…), sowie der Bereich der offenen pneumatischen Systeme (Heißluftballon, Segel,…) finden hier keine Betrachtung. Sie werden nur insoweit erwähnt, wo sie als historischer Vorläufer in Betracht kommen.
Diese Arbeit trägt den Entwicklungen einer “jungen Konstruktion” Rechnung, die in der Architektur von Anfang dieses Jahrhunderts bis heute zu vielfältigen realisierten Ideen geführt hat und deren Bedeutung in der Zukunft, z.B. für exterrestrische Anwendungen, noch nicht fassbar ist. 
Viele der ausgeführten Projekte basieren auf den Grundlagen der 60er Jahre. In diesen Jahren beschäftigte sich eine Vielzahl von Architekten und Ingenieuren intensiv mit den Pneus. Einige Projekte aber sind echte Neuentwicklungen der 80er und 90er Jahre, die auf dem Verständnis der Eigenart der Konstruktion beruhen.
Fast immer spielt dabei die Entwicklung, bzw. der Einsatz von spezifischen Materialien, die vorher nicht eingesetzt wurden oder werden konnten, eine entscheidende Rolle.
Das Anliegen dieser Arbeit ist, Tendenzen zu beschreiben, eine neue Formensprache mit einer erstaunlichen Vielfalt im Bauen ins Bewusstsein zu rücken, Einflüsse aufzuzeigen, Variationsbreiten zu dokumentieren und Grundlage zu sein, um ungenützte Potentiale aufzudecken. Von einer generellen Entwicklungstendenz zu schreiben, scheint mir angesichts der Erfahrungen von 50 Jahren mit Membranbauten nicht möglich zu sein. Fortschritte im Sinne einer technischen Weiterentwicklung sind sicher gemacht worden. Die Entwicklung von neuen Materialien und Berechnungsmethoden, die Einführung der Computer bei der Planung und bei der Steuerung der pneumatischen Systeme, um nur einige Aspekte zu nennen. Vielmehr soll die Entwicklung im Sinne einer biologischen Evolution beschrieben werden, die ja auch keine gerichtete Entwicklung bedeutet.3 Kurzfristige Trends haben sich teilweise zu Tendenzen entwickelt oder sind Jahre später wieder aufgegriffen worden (Kissen, Folien); andere Systeme wurden weiter entwickelt, um dann wieder zum ursprünglichen Prinzip zurückzukehren (Stützschlauch).
3 Steven Jay Gould, Illusion Fortschritt, Fischer Verlag

Die Dissertation besteht aus 5 Kapiteln in 2 Teilen.
Das erste Kapitel ist als Einführung in die BEGRIFFE des pneumatischen Membranbaus konzipiert. In diesem werden die Grundzüge der pneumatischen Konstruktionen dargestellt. Eine Übersicht über die Membranmaterialien ergänzt diese Grundlagen.
Das zweite Kapitel stellt die Grundlage der Betrachtungsweise der pneumatischen Bauten dar. Die entwickelte SYSTEMATIK DER PNEUS baut auf den Dimensionen der Pneus und den Randbedingungen und formbildenden Elementen des Konstruktionssystems auf.
Dabei handelt es sich im wesentlichen um die weit verbreiteten Niederdrucksysteme, mit der Unterscheidung in 
3-dimensionale (airsupported) und 2-dimensionale (airinflated) sowie die für das Bauwesen weniger bedeutenden 1-dimensionalen Hochdrucksysteme (airinflated).
Das dritte Kapitel zeigt DIE ENTWICKLUNGEN DER PNEUMATISCHEN BAUTEN auf und diskutiert ihre Eigenschaften. Anhand der zuvor dargestellten Formkriterien werden Entwicklungslinien und Tendenzen dargelegt. Dabei sollen auch voneinander unabhängige gleichartige Entwicklungen oder Gedankengänge durch die Zusammenschau neue Tendenzen ermöglichen. Die Entwicklungslinien können sowohl materialabhängig verfolgt werden als auch innerhalb der einzelnen Klassifikationen, die nach Konstruktion und Form getroffen wurden.
Im vierte Kapitel wird ein generalisierender Rückblick auf die Entwicklungen in den drei Regionen Europa, Nordamerika und Japan gegeben und ein vorsichtiger Blick in die Zukunft geworfen.
DIE CHRONOLOGISCHE ÜBERSICHT DER PROJEKTE (1917-1998) im Teil 2 der Arbeit bietet eine Vielzahl von Projekten mit Abbildung und einer fundierten Grundinformation, beschreibt über dies hinaus die Marksteine der Entwicklung mit detaillierten Fakten im Textteil und stellt diese ausführlich in Abbildungen dar.
Die dort aufgeführten Projekte werden betrachtet unter den Aspekten, die im allgemeinen für alle materiellen Objekte von Bedeutung sind:
- der Entstehungsprozess (in der historischen Entwicklung, der architektonischen Ausprägung),
- die Form (Gestalt und Struktur),
- das Material (neue Materialien, -Kombinationen).
Wenn weitere technische Details von Interesse waren, sind diese fallweise aufgeführt. 
Vor allem die Marksteine der Entwicklung werden ausführlich behandelt.

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